EURO 7 Abgasnorm: Der Plan der EU zu strengeren Grenzwerten und Prüfverfahren !

EURO 7 Einführung voraussichtlich ab 2025

Mit der Einführung der Euro-7-Norm, voraussichtlich  ab dem Jahr 2025, werden den Herstellern von Verbrennungsmotoren weitere Vorschriften auferlegt. Es stellt sich die Frage, wie weit sind die Hersteller bereits heute und können diese Vorschriften überhaupt noch realisiert werden?

Die Messmethoden sollen derart anspruchsvoll sein, dass Benziner- und Dieselfahrzeuge mit der Einführung der Norm, nach heutigem Stand, diese vielleicht nicht mehr erfüllen können. Eine technische Anpassung bzw. der Aufwand wären möglicherweise so hoch, dass Verbrenner unrentabel werden.

EURO 6 und frühere Normen

Für die Zulassung von neuen Automobilen müssen diese in der Europäischen Union Abgasnormen erfüllen. Die ersten einheitlichen Abgasnormen für PKW sind schon über 50 Jahre alt, damals, 1970 traten diese in Kraft. Darin wurde lediglich eine Begrenzung der Emissionen von Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen festgelegt. Erst 1977 wurde eine Limitierung der Stickstoffoxide (NOx) – mit der Richtlinie 77/102/EWG eingeführt. Diese sind neben Feinstaub, als einziges Problem bei den innermotorischen Prozessen übriggeblieben.

Die Einführung der Abgasgesetzgebung kann hier also als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden.

Im Moment regelt die Abgasnorm Euro 6  (seit 1. September 2014), wie viel Schadstoff ein Fahrzeug verursachen darf. Hier liegen die Grenzwerte für NOx bei 60 Milligramm pro Kilometer bei Benzinern und 80 mg NOx pro Kilometer bei Diesel.

Allerdings verbreitet sich das Reizgas (NOx)  welches vor allem für die menschliche Lunge schädlich ist weiterhin ungebremst aus. Die Ursache hierfür liegt in dem vor über 20 Jahren eingeführten Verfahren, dem  „Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ)“, welches die Abgasmessungen nur im Labor vornimmt.

Die Motoren-Entwickler konnten im Labor bei immer gleichbleibenden Temperaturen und niedrigen Lastanforderungen die vorgeschriebenen Grenzwerte leicht einhalten. Allerdings waren diese Entwicklungen für die Stadtluft völlig wirkungslos, da auf der Straße die meisten EU6-Autos einen zehnfachen oder höheren NOx Ausstoß in ihren Abgaswerten haben.

Dies war auch dem Umstand geschuldet, dass es im Gesetz Passagen gab, die den Herstellern erlaubten, zum Schutz von Bauteilen, in weiten Temperaturbereichen die Abgasreinigung teils oder ganz zu deaktivieren.

Weniger NOx bei Neufahrzeugen durch Euro-6d-Temp

Am 1. September 2017 wurde eine weitere Stufe in den Abgasnormen für Typenzulassungen eingeführt. Die Euro-6d-Temp machte nun den Herstellern die  Real Driving Emissions (RDE) zur Auflage. Neuwagen müssen seitdem zur Typzulassung mit mobilen Messgeräten im Straßenverkehr nachweisen, dass sie die Grenzwerte weitestgehend unabhängig von Betriebszustand und Belastung unterbieten. Zulassungsbehörden oder berechtigte Dritte (Messunternehmen), können auch Fahrzeuge aus dem Feld mit beträchtlichen Fahrleistungen heranziehen.

Die Gebrauchtwagen mit Kilometerleistungen von 15.000 bis 100.000, die zwischen mindestens sechs Monate bis fünf Jahre alten sind, müssen dann in der Praxis mit portablen Messinstrumenten (PEMS) die Einhaltung der Grenzwerte im Straßenverkehr nachweisen.

PEMS-Messung
PEMS-Messung (Bild: Volkswagen)

Messungen von unabhängigen Messunternehmen fanden praktisch kein Modell mehr, das mehr als 80 mg NOx pro Kilometer emittierte, wenn es nach der entsprechenden Abgasnorm Euro 6d zugelassen war.

Diese mit PEMS Geräten durchgeführten Messungen  senkten also die Realemissionen erheblich stärker als jede Grenzwertsenkung zuvor und lösten die unter Laborbedingungen durchgeführten Messungen ab.

Die besten Diesel mit neuester Abgastechnik (SCR-Kat und Harnstoffeinspritzung) emittierten heute im Praxisbetrieb auf der Straße nur mehr 12 bis gut 20 mg NOx pro Kilometer, also um den Faktor vier bis fünf weniger als der Grenzwert. In besonders stark Schadstoffbelasteten Verkehrszonen reinigen viele dieser Autos die Luft sogar, anstatt sie zu belasten.

EURO 7 Straßenverkehr ohne Abgase!

Eine logische Schlussfolgerung aus diesen Erkenntnissen wäre nun, dass die EU-Wächter sich nun um die Reduzierung der CO2-Emission kümmern würden, zumal im Zuge dessen immer mehr lokal nahezu gänzlich emissionsfreie E-Autos durch die Straßen rollen werden. Schließlich können die Autohersteller die sinkenden Flottenverbrauchswerte (und damit CO2-Emissionen) nur mit einem gehörigen Anteil von E-Autos erreichen.

Aber weit gefehlt, stattdessen will die EU das Thema Abgas ein letztes Mal umfassend angehen. Diesmal soll es die finale Abgasnorm für Verbrenner werden, bevor Elektroautos allmählich das Steuer übernehmen.

Die neue Norm Euro 7 soll Autos über die gesamte Lebenszeit und in allen Betriebszuständen so sauber wie möglich machen. Neben den Abgaswerten sollen sogar der Reifen und Bremsabrieb ermittelt werden, obwohl es hierzu noch überhaupt keine Messverfahren gibt.

Bei den Abgaswerten sind die Grenzwerte aber konkreter und mit einem Blick auf die Stickoxide wirken diese nicht einmal realitätsfern. Das ist die Abgaskomponente, die in den letzten Jahren für die größten Probleme gesorgt hat.

Zur Debatte stehen hier zwei Szenarien, die die aktuellen Euro-6-Grenzwerte von 80 mg/km beim Diesel ablösen sollen: 10 oder 30 mg/km. Seit 2014 liegt die Vorgabe bei 80 mg, die besten Diesel erreichen mittlerweile jedoch längst Werte unter 20 mg, teils unter 10 mg.

Diese EURO 7 Grenzwerte werden aktuell diskutiert

Das strengere der beiden Euro-7-Szenarien senkt einige Grenzwerte auf ein Zehntel der heute gültigen Limits und führt bei noch nicht berücksichtigten Abgaskomponenten erstmals Grenzen ein.

Darüber hinaus soll es keine Unterscheidung mehr zwischen Benziner und Diesel geben.

„Stickoxid
(NOx)“
„Partikel
(PN)“
„Kohlenmonoxid
(CO)“
„Methan
(CH4)“
„Lachgas
(N2O)“
„Ammoniak
(NH3)“
Einheitmg/kmAnzahl/kmmg/kmmg/kmmg/kmmg/km
Euro 6 (Diesel/Benziner)80/606 x 1011500/1000kein Limitkein Limitkein Limit
Euro 7 Szenario 1*301 x 101130010105
Euro 7 Szenario 2*106 x 1011100552

Eigentlich müßte ja noch genug Zeit sein um die Flotten auf die neuen Werte einzustellen, vor allem da Euro 7 frühestens ab 2025 eingeführt werden soll.

Einige Verbände beklagen allerdings jetzt schon die Vorschläge als realitätsfremd und der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe redet gar von einem faktischen Verbrennerverbot. Schauen wir mal über unsere Grenzen hinweg, erscheinen die Werte nicht völlig unrealistisch, in China gilt schon heute ein NOx Grenzwert von 35 mg/km.

Nicht die Grenzwerte sind das Problem…

Denn die Sprengkraft der Vorschläge liegt im Kleingedruckten, also nicht in den eigentlichen Grenzwerten, sondern in den Rahmenbedingungen der Tests. Dort steht z.B., dass die Werte immer einzuhalten sind, also auch bei extremen Fahrzuständen wie voller Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit, maximaler Zuladung oder unmittelbar nach dem Kaltstart.

EURO 7 Abgasnachbehandlungssysteme müssen auch unter Extrembedingungen bestehen
EURO 7 Abgasnachbehandlungssysteme müssen auch unter Extrembedingungen bestehen

Betrachten wir hier einmal nur das Thema Kaltstart, daran erkennt man schon das ganze Ausmaß der Probleme.

Ein SCR-System mit AdBlue-Einspritzung zur Reduktion von Stickoxiden benötigt um die 200 Grad, damit es korrekt arbeiten kann. In der ersten Phase, nach dem Motorstart wärmen die Abgase den Kat auf, was je nach Fahrprofil einige Sekunden bis wenige Minuten dauert. Die bisherigen Vorgaben vom Gesetzgeber sind, dass für eine Messfahrt im Straßenverkehr mit portablen Messsystemen (RDE) mindestens 16 Kilometer zurückgelegt werden müssen. Der Katalysator bekommt dadurch Zeit zum Aufheizen. Die direkt nach dem Start auftretenden erhöhten NOx-Werte werden nach dieser Zeit durch die immer niedrigeren Werte im Betrieb ausgeglichen. Nach 16 Kilometern muss der Durchschnittswert der Fahrt unter dem Grenzwert liegen. In Zukunft soll jedoch nicht nur der Grenzwert wesentlich niedriger sein, sondern es wird auch gleichzeitig die Mindestfahrtzeit auf fünf Kilometer reduziert. Diese fünf Kilometer reichen dann eben nicht mehr aus, um den erhöhten Kaltstartanteil auszugleichen – weder bei 30 mg/km und schon gar nicht bei 10 mg/km.

Rahmenbedingungen für Abgasmessungen im Realverkehr (RDE)

Selbst in statistisch vernachlässigbaren Extremsituationen sollen Autos quasi abgasfrei fahren. Der Nutzen für die Luftqualität steht in keinem Verhältnis zum Aufwand.

Euro 6dEuro 7
Parameteraktuelle Rahmenbedingungengeplante Rahmenbedingungen
Umgebungstemperatur*0 bis 30°C / -7 bis +35°C-10 bis +40°C
„Durchschnittsgeschwindigkeit
(km/h)“
„Je nach Einsatzort geregelt, z.B.
15 bis 40 km/h im Stadtbereich“
keine Grenzen
Maximale Meereshöhe*700/1300 mkeine Grenzen
Maximaler Höhenunterschied1200 Meter/100 mkeine Grenzen
„Mindest-Messstrecke nach
Kaltstart“
16 km5 km

Großer Aufwand, Minimaler Nutzen

Bereits heute gibt es elektrische Katalysatorheizungen, diese würden aber für die zukünftigen dargestellten Werte sehr viel Strom verbrauchen. Hier kann man wieder einmal das Beispiel mit dem Wasserkocher verwenden. Ein Wasserkocher mit 2000 Watt  soll 1,5 Liter Wasser (1,5 Kg) auf 100 Grad aufwärmen. Dazu benötigt er ca. vier Minuten.

Baumot SCR Abgasnachbehandlungssytem
Modernes SCR Abgasnachbehandlungssystem (Quelle: Baumot)

Um das Innenleben eines Katalysators aufzuheizen, welches hingegen fast das doppelte wiegt und der dann zum effektiven Arbeiten noch 200 Grad benötigt würde man mehrere 10000 Watt benötigen. Das wären dann schon richtig große zusätzliche Batterien, die man hier benötigen würde. Dem ganzen setzt man dann die „Krone“ auf, indem die Batterien wieder während der Fahrt über den Verbrennungsmotor geladen werden müssen, was wiederum zu mehr Verbrauch und CO2-Ausstoß führt, bei gleichzeitig minimalem Gesamtnutzen für die Luftqualität.

Auch für weitere Abgaskomponenten wie Kohlenmonoxid, Partikel oder Ammoniak gibt es unter den angedachten Prämissen keine realistischen Lösungen.

Fazit

Betrachtet man nun das gesamte Konzept, dann sind es nicht die Grenzwerte, sondern die  Rahmenbedingungen der Tests, in denen der eigentliche Sprengstoff der Euro-7-Vorschläge liegt. Hier sollte sich die EU noch einmal Gedanken machen, was denn wirklich mit dieser neuen Norm bezweckt werden soll. Bereits heute haben wir für die Abgasreinigung von Beziner- und Dieselmotoren hocheffiziente High-Tech-System in den Fahrzeugen verbaut.

Mit dieser Technik werden die neuen Grenzwerte bereits teilweise oder ganz erreicht und können sicherlich dank deutscher Ingenieurskunst noch weiter entwickelt und ausgebaut werden.

Die Verbrennungsmotoren sollten auch zukünftig einen Anteil am Fahrzeugbestand haben. Zum einen, weil sie mit entsprechenden Systemen ausgerüstet, ihren Anteil zur „sauberen Luft“ beitragen und zum anderen, weil sie in Sachen Entwicklung und Arbeitsplätze ein fundamentaler Anteil der deutschen Wirtschaft sind. Die Automobilindustrie und damit vor allem der Verbrennungsmotor haben maßgebend zum heutigen deutschen Wohlstand beigetragen, den es zu schützen und wertschätzen gilt, solange alternative Antriebe noch in den Kinderschuhen stecken. Mittlerweile hat sich ein riesiger Markt entwickelt, der den gesamten Prozess der Abgastechniken, von der Verwendung, dem Einbau ja selbst dem Reinigen von Abgasnachbehandlungssystemen unterstützt.

In Bezug auf die Erderwärmung und die Luftreinhaltung haben sich die Staaten der Welt auf bestimmte Grenzwerte verpflichtet. Mittelfristig wird das nur mit einem Mix aus Verbrennungsmotoren und alternativen Antrieben wie z.B. Elektrofahrzeugen gehen. Allerdings sollte man bei den Elektrofahrzeugen nicht unbedingt in Euphorie ausbrechen,  hier werden zwar keine schädlichen Abgase mehr direkt ausgestoßen, aber wie verhält es mit der Produktion dieser? Insbesondere die enorme Umweltbelastung durch Lithiumabbau für die Herstellung von Akkus sowie deren spätere Entsorgung werden häufig gerne totgeschwiegen und werden uns in der Zukunft sicherlich noch beschäftigen.

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